A Biting Comedy for the Underdog in all of Us – Glee!
[audio:http://previously.us/wp-content/uploads/2010/09/A-Biting-Comedy-for-the-Underdog-in-all-of-Us-Glee.mp3|titles=A Biting Comedy for the Underdog in all of Us – Glee!]Deutschland ist nicht Pop und schon gar nicht die Welt. Das weltweite Phänomen bricht Zuschauerrekorde, kann nach erst einer Staffel bereits auf hysterische Fans – die sogenannten Gleeks – vertrauen, und alle wollen dabei sein. Britney Spears, Javiar Bardem, Madonna, und jede und jeder, die um die Kraft der Musik weiß. In einer eigens kreiierten Talentshow, die vor der zweiten Staffel ausgestrahlt werden soll, wurden 3 neue Rollen vergeben, und obwohl die Serie extrem teuer ist steht bereits vor dem Start der 2. Staffel fest, dass es auch eine 3. geben wird. Überall, in Nord- und Südamerika, Australien, Asien, in Dänemark, Holland und der Tschechischen Republik, ist sofort klar, um welche Serie es geht: Glee! Nach Ausstrahlung der ersten Hälfte der 1. Staffel war klar, dass es sich um ein popkulturelles Phänomen handelt: die höchsten Zuschauerzahlen, die eine neue Serie je hatte, 2 Alben mit Goldstatus und unglaubliche 19 Emmy-Nominierungen.
Die Zutaten der Serie sind geradezu klassisch und doch in ihrer Kombination und Interpretation neu: 1 Teil Comedy, 1 Teil Musical und 1 Teil Drama.
Glee ist zum einen ein Wort für Happiness, Freude, zum anderen bezeichnet es eine traditionelle Liedgattung, die meist 3 Solostimmen vereint und im Barock entstand. Ein hierzulande unbekanntes Phänomen sind Show Chöre, die nicht nur Musik verschiedenster Gattungen adaptieren, sondern dazu in Kostümen komplizierte Choreographien zeigen.
In Glee! werden die Bemühungen des jungen Spanischlehrers Will Schuester gezeigt, dem einst mit ihm erfolgreichen Show Chor der fiktiven William McKinnley Highschool in Lima, Ohio neues Leben einzuhauchen. Auf seinen Aushang hin melden sich zuerst nur Außenseiter, die in der Tagline der Serie erwähnten Underdogs:
Lea Michele spielt Rachel Berry, die in der Unbeliebtheitsskala der Highschool ganz unten ist. Von 2 schwulen Vätern erzogen, arbeitet sie seit ihrem 2. Lebensjahr daran, ein Star zu werden, Humor ist ihr völlig fremd. Dies zahlt sich aus, sie bekommt die meisten Leadstimmen.
Doch nicht ohne Kampf: Amber Riley ist Mercedes Jones, dick, schwarz und äußerst Modeaffin, die sich schlicht und einfach weigert, im Background zu singen.
Kurt Hummel, ein schwuler Sopran, der sich im Verlauf der ersten Staffel auch seinem Vater gegenüber outet, wird durch Chris Colfer dargestellt. Artie Abrams sitzt aufgrund eines Unfalls im Rollstuhl, und Tina Cohen-Chang ist so schüchtern, dass sie seit der 6. Klasse eine Sprachfehler vortäuscht, um nicht so oft sprechen zu müssen.
Dies sind die Underdogs, die sich auf den ersten Aufruf Will Schusters hin melden, um im New Directions, so der plakative Name des Show Chors, zu singen.
Auch die anderen Rollen von Glee! sind Archetypen des Highschooluniversums nachempfunden und oft eher holzschnittartig gestaltet.
Große Gegenspielerin des Glee Clubs ist Sue Sylvester, die stets im Trainingsanzug auftritt und von Jane Lynch dargestellt wird. Sie ist Trainerin und Chefin des Cheerleaderclubs Cheerios, den sie mit eisener Faust regiert. Verständnis und Ermutigung Schutzbefohlener kommen in ihrem Weltbild nicht vor, sie fordert die Cheerleader zum Hungern auf und ist mit dieser Strategie äußerst erfolgreich. In ihrem Leben dreht sich alles ums Gewinnen und um die Erhaltung ihrer Macht.
Sue Sylvester sieht den Glee Club als Bedrohung ihres großen Budgets, dass sie nicht nur den Erfolgen der Cheerios absichert, sondern auch der Erpressung des Direktors mit einem Video, in dem dieser für eine indische Fluglinie Stützstrümpfe vorstellt. Jede ihrer Äußerungen ist manipulativ, verletzend und gemein, und dabei so lustig, dass sie nur Minuten nach ihrem Erscheinen via Facebook und Twitter tausendfach zitiert werden. Risse bekommt diese Fassade, wenn enthüllt wird, dass sie sich um ihre am Down Syndrom leidende Schwester kümmert.
Damit der Glee Club New Directions weiterbestehen kann, muss er die regionalen Chorwettbewerbe gewinnen. Voraussetzung ist allerdings, dass mindestens 10 Schülerinnen und Schüler mitmachen.
Mithilfe von Erpressung gelingt es Will Schuster, Finn Hudson, Star der äußerst erfolglosen Footballmannschaft, zum Mitmachen zu bewegen. Seine schwangere Freundin Quinn Fabray, die bis zu diesem Zeitpunkt den Prototyp der erfolgreichen, arroganten und ahnungslosen Cheerleaderin spielte, wird ebenso wie zwei weitere ihrer Freundinnen, die für Sue Sylvester spionieren sollen und wie Puck, von dem sie schwanger ist, bei New Directions mitmachen.
Interessant ist, dass die Teenagerschwangerschaft geradezu fröhlich behandelt wird. Selbst als Quinn von ihren Eltern rausgeschmissen wird und zuerst bei Finn einzieht, ist es doch der gewichtigere Erzählstrang, dass die Ehefrau Will Schusters, die eine Schwangerschaft nur vortäuscht nun plant, Quinns Baby als ihr eigenes auszugeben.
Glee! ist so erfolgreich, weil es tatsächlich den underdog in jeder von uns anspricht und Klischees massenhaft produziert, um sie anschließend wieder zu brechen. Nicht nur im Mainstream, sondern auch innerhalb der Lesben- und Schwulencommunity ist Glee ein Riesenhit. Sowohl die Schöpfer der Serie, als auch einige der Darsteller_innen sind offen lesbisch oder schwul oder engagieren sich für die Rechte Homosexueller. Besonders der homophobe Charakter Sue Sylvesters wird durch Jane Lynchs offen gelebte Homosexualität konterkarriert.
Ein großer Kritikpunkt, allerdings eben auch ein Garant für den großen Erfolg, ist die Musikauswahl. Von alten Musicalmelodien aus My Fair Lady, schreckliche 80er Jahre Rocksongs, aktuellen Hits und Mainstream – alles ist dabei und wird für die Serie eingedampft. Während am Anfang z. B. Bryan Adams und Coldplay die Nutzung ihrer Lieder untersagten, hat sich die Situation gewandelt. Alle wollen dabei sein. Als besonderer Erfolg gilt dabei, wenn nicht nur ein Song durch die New Directions interpretiert wird, sondern eine ganze Episode mit Hits einer Künstler_in gestaltet wird. Madonna hat dies geschafft, und Britney Spears wird ihren Auftritt in der 2. Staffel haben.
Barbara Streisand, REM, Alicia Keys, Aretha Franklin, aber auch einige dubiose Rocksongs aus den 80ern sind dabei. Wer die einst durch Witney Houston eingeführte Unsitte, am Ende des Songs den Refrain 2 Oktaven höher in eine Endlosschleife zu legen nur schwer ertragen kann, wird Glee! kaum genießen können. Gleichzeitig muss den New Directions zugestanden werden, auch Gänsehaut zu produzieren, wenn sie etwa einen konkurrierenden Glee Club besuchen, der aus Taubstummen besteht, und mit ihnen gemeinsam “Imagine” intonieren.
Die Fremdartigkeit, die sich beim Schauen von Musicals einstellt, wenn auf einmal alle zu singen anfangen wird elegant vermieden, da ein Chor nunmal genau dies tut.
Glee! wurde von Ryan Murphy, Brad Falchuk und Ian Brennan konzipiert. Ursprünglich war Glee! als Film angelegt und basierte auf den Erfahrungen von Ian Brennan, der selbst in einem Show Chor sang und den es faszinierte, dass “in jedem der Traum nach Transzendenz existiert, der Wunsch zu scheinen. Selbst in suburbanen Plätzen, die einfach und nichts besonderes sind. Dies ist faszinierend, und ich finde es besonders lustig, wenn Leute diesen Glanz in Show Chören finden wollen, eigentlich aber auch etwas lächerlich.”
Ryan Murphy, bisher durch seine Serie Nip/Tuck bekannt und Ian Brennan überredeten ihn dann, Glee! gemeinsam als Serie umzuschreiben und sie platzierten diese überraschend schnell bei Fox.
Die Tagline von Glee! A biting comedy for the underdog in all of us. erklärt treffend den Erfolg der Serie: jede und jeder kennt die Grausamkeiten des Kastensystems, das an den meisten Schulen herrscht, mit dem Druck, beliebt sein zu wollen und es doch nicht zu sein, die Verwirrungen von erster Liebe und erstem Sex, seine eigene Andersartigkeit aktzeptieren und schätzen zu lernen und dabei Erfolg zu haben.
In Deutschland wird Glee! ab Januar 2011 auf Super RTL, Montags um 20 Uhr 15 ausgestrahlt. Eine erfolgreiche Synchronisation scheint undenkbar.