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No.17 2013-06-27

Das generische Femininum in TV-Sprache: Scott & Bailey

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Immer noch werden wir viel zu oft mit Serien konfrontiert, in denen Frauen die Rolle der “Ehefrau, Partnerin, Mutter oder Geliebten” spielen, nicht aber einfach eine Frau, die ein eigenständiges Leben hat, indem sie zwar auch einige der vorher genannten Rollen innehaben mag, aber eben tatsächlich DIE Hauptrolle spielt. (more…)


Bored to Death: Cheers to Friendship!

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Bored to Death_Jonathan, George and Ray“You know, I never thought I ever would be on a graveyard in a spa-robe, talking to a beautiful transvestite in the moonlight.” – “that’s romantic!!“

Diese romantische Situation hat Ray wieder einmal seinem besten Freund Jonathan und dessen Hang zur Privatdetektei zu verdanken. Und damit sind wir auch schon mitten drin, in der irrsinnig-absurden Welt von „Bored to Death“, der Noir-otic Comedy-Serie, die von 2009 bis 2011 auf HBO lief.Schauplatz: Brooklyn, NYC, späte Nullerjahre. Der Auftakt: Jonathan Ames (Jason Schwartzman), um die 30 Jahre jung, Krimiautor, befindet sich am Tiefpunkt nicht nur seines schriftstellerischen Daseins: Nachdem sein erster Roman ein ganz passabler Erfolg war, verzweifelt er an den berühmt-berüchtigten Schwierigkeiten eines erfolgreichen Zweitwerkes. Seine bevorzugten Inspirations- wie auch Prokrastinationsmittel: Weiswein und Marihuana. Diese ausgiebig konsumierte Mischung hält seine Freundin Suzanne nicht lange aus, sie verlässt ihn. Daraufhin, und vor allem um seine Schreibblockade endlich zu lösen, tritt Jonathan in die Fußstapfen seiner Romanhelden und bietet per online-Anzeige seine Dienste als Privatdetektiv an – zu äußerst günstigen Konditionen, versteht sich. Kenntnisse hat er ja – als Autor wie Leser von Krimilektüre. Die Kundschaft lässt nicht lange auf sich warten, und bald angelt Jonathan sich einen aberwitzigen Fall nach dem anderen: So hilft er einem Polizisten von der Sippe aus der Patsche, dessen Vorliebe für Sadomasospiele aufzufliegen droht, als seine Kollegen eine Razzia in genau dem SM-Klub planen, in welchem er treuer Stammkunde ist; er bringt auf der Suche nach der Braut eines russischen Mitbürgers die Mafia von Brighton Beach gegen sich auf, spielt Postbotin für Liebesbriefe in der Frauenabteilung eines Wellnessklubs und kümmert sich um gekidnappte Hunde ebenso wie um gekidnappte Spermien.

Tatkräftige Unterstützung erhält er dabei von seinen besten Freunden Ray Hueston (Zach Galifianakis) und George Christopher (Ted Danson).

Ray, ein gutmütiger und immer etwas naiv und vertrottelt wirkender Comiczeichner, kompensiert sein mäßig erfolgreiches und alles andere als spannendes reales Leben mit seinem Alter Ego, der Comicfigur „Super Ray“. „Super Ray“ ist natürlich ein Superheld, mit der einzigartigen Eigenschaft, mit einem überdimensionierten, über Superkräfte verfügenden Penis ausgestattet zu sein – sein schlagkräftigstes Werkzeug gegen die zahlreichen Schurken des Super Ray-Universums.

Auf den dritten im Bunde, George Christopher, Herausgeber einer fiktiven New Yorker Zeitschrift und in dieser Funktion ab und an auch Arbeitgeber von Jonathan, trifft am deutlichsten der Titel der Serie zu, „Bored to Death“. Der 62-Jährige ist ein klassischer Sensation-Seeker, wie Psychologen es nennen würden – immer auf der Suche nach dem besonderen Kick, nach Abenteuer im Allgemeinen und Frauen im Besonderen, dabei durchgängig zugedröhnt, und dies am liebsten per gepflegtem Cannabis-Konsum aus einem Edel-Vaporizer. Wenn er auch für Jonathan eine Art Vaterfigur darstellt, ist George wohl kaum Altersweisheit zu attestieren, höchstens ein ausgeprägter Alterszynismus. Gespielt wird die Figur des George Christopher im Übrigen von Ted Danson, der den nicht mehr ganz so jungen Serienjunkies unter uns noch sehr gut aus der 80er Jahre Sitcom „Cheers“ bekannt sein dürfte, in der er den Barbesitzer Sam Malone spielte.Bored to Death_Jonathan

Während zu Beginn der Serie Jonathan die einzige Verbindung zwischen Ray und George darstellt, deren Charaktere unterschiedlicher kaum ausfallen könnten, schließen mit der Zeit auch der Comiczeichner und der alternde Macho eine herzliche Freundschaft, als sie ihre gemeinsame Vorliebe für Cannabis entdecken.

Und darum geht es in dieser Serie schließlich auch – um Männerfreundschaften. Zugegeben, dieser Fokus, der schon allein durch die ausschließlich männlichen Hauptdarsteller zustande kommt, schreckte uns zu Anfang gehörig ab. Bereits in der ersten Folge wird deutlich, dass „Bored to Death“ den Bechdel-Test nie bestehen wird – zu augenfällig sind die weiblichen Nebenfiguren, die eh nur sporadisch auftauchen, als deren Freundinnen, Liebschaften oder Ex-Frauen jeweils direkt und ausschließlich auf Jonathan, Ray oder George bezogen. Untereinander kennen sich diese Frauen auch überhaupt nicht. Durch die ausschließliche Konzentration auf die drei Hauptfiguren verhandelt die Serie jedoch auf äußerst charmante Weise Bilder und Vorstellungen von Männlichkeiten, die sie – dem Comedy-Genre gemäß – gehörig durch den Kakao zieht.

So unterschiedlich ihre Charaktere auch sein mögen, orientieren sich Jonathan, Ray und George in ihrem Wunschdenken und Handeln ganz offensichtlich an klassischen Männlichkeitsidealen. Jonathan mimt mehr schlecht als recht den obercoolen Detektiv aus dem Film noir der 1940er und 50er Jahre. Bei seinen investigativen Recherchen bzw. Rechercheversuchen hüllt er sich in den Trenchcoat, den Blick geheimnisvoll gesenkt, die Stimme bemüht um eine Oktave tiefer, gerade wenn er weibliches Klientel vor sich hat. Fehlte nur noch, dass er wie Humphrey Bogart beim Filmdreh auf einer Bierkiste steht, um bei Liebesszenen seine geringe Körpergröße zu kaschieren. Bei Ray liegt die Wunschvorstellung im Alter Ego „Super Ray“ klar auf der Hand bzw. zwischen den Beinen. Das regelmäßige Scheitern dieser beiden an ihren fiktionalen Vorbildern macht dann auch einen großen Teil des Witzes – und auch des Charmes – von „Bored to Death“ aus. Am ehesten gelingt die Besetzung dieses klassischen Idealbildes noch George, doch auch er wird schließlich komplett aus der Bahn geworfen, als bei ihm Prostatakrebs diagnostiziert wird…

Für Aussagen wie diese, die uns – abzüglich natürlich der Altersangabe – doch sehr an unsere eigene Lebenswirklichkeit erinnern, lieben wir die drei Antihelden aus „Bored to Death“. Jonathan, Ray und George sind nun wiederum keine Looser, das wäre zu einfach und stereotyp ins Gegenteil des klassischen Männlichkeitsbildes gewendet. Sie sind sensible, verträumte bis schwärmerische und eben darum auch so liebenswerte Zeitgenossen, bei denen über allen gewöhnlichen bis grotesken Geschehnissen ihres Alltags ihre Freundschaft steht, die in ihrer Tiefe den gezeigten Liebesbeziehungen mehr als nur das Wasser reicht. Diese Zuneigung und die Sorge füreinander gewinnt in der zweiten Staffel erst richtig an Fahrt, und sie kann auch schon mal unfreiwillig Involvierte auf eine harte Geduldsprobe stellen – wie beispielsweise in dem Fall, als Jonathan von zwei Gangstern entführt und gezwungen wird, George wegen der Lösegeldforderungen anzurufen.

An „Bored to Death“ zeigt sich – leider – exemplarisch die zunehmende Ausrichtung an kommerziellem Erfolg auch bei HBO-Serien. Wegen zu geringer Einschaltquoten wurde die Serie nach gerade einmal drei Staffeln abgesetzt. Dass in jüngster Zeit Gerüchte zu einem „Bored to Death“-Kinoableger auftauchten, tröstet nur bedingt.